Das Museum Selma schließt eine Lücke in der Erinnerungskultur
Migration betrifft alle Menschen unabhängig von ihrer Biografie.
Sie ist der Normalfall und gestaltet Gesellschaft mit.
Die Erfahrungen von Migrant*innen, ihren Nachkommen, Schwarzen Menschen und People of Color werden in der deutschen Erinnerungskultur trotzdem oft ausgeblendet.
Das Museum Selma macht sie sichtbar und lädt Besucher*innen zu einem Perspektivwechsel ein.
Das Gedächtnis der Migrationsgesellschaft
Das Herzstück des Museums ist die einzigartige Sammlung von DOMiD – die bundesweit größte Sammlung von Objekten und Zeugnissen über die vielfältige Geschichte der Migration in Deutschland. Im Gegensatz zu staatlichen Archiven ist die Sammlung aus der Zivilgesellschaft gewachsen.
Damit bewahrt sie das materielle und immaterielle kulturelle Erbe der Migration in Deutschland – in einem einmaligen Fundus an migrantischen Alltagszeugnissen, die sonst nirgends in dieser Fülle dokumentiert sind.
Die Sammlung umfasst über 150.000 Objekte: von Dokumenten und Fotografien bis hin zu Kunstwerken, Interviews, Videoaufnahmen, Alltagsgegenständen und vielem mehr. Sie dokumentiert die vielfältige Geschichte der Migrationsgesellschaft in Deutschland seit 1945.
Sie deckt alle Formen der Migration in Deutschland ab, einschließlich Binnenmigration, wie von der DDR in die BRD sowie sämtliche Herkunftsregionen und Migrationsmotive. So bietet die Sammlung zahlreiche Anknüpfungspunkte zu Themen wie Arbeit, Flucht, Vertreibung und Leben an mehreren Orten.
Wir zeigen, wie sich Migration in die deutsche Geschichte eingeschrieben hat und wie sie unser aller gesellschaftliches Zusammenleben prägt. Damit erzählen wir die Geschichte dieses Landes neu – vielstimmig.
Das Museum Selma...
...erzählt eure Geschichten!
In diesen Videos erzählen einige Menschen, die mit Erinnerungsstücken zu unserer Sammlung beitragen: Welche Geschichten und Erinnerungen verbinden sie damit? Warum ist es wichtig, dass sie bewahrt werden?
Asimina Paradissa
Asimina Paradissa wurde in Vrasta, Chalkidiki, in Griechenland geboren. Mitte der 1960er Jahre folgte sie ihrem Bruder nach Wilhelmshaven zur Firma Olympia. Sie lebte dort in einem Wohnheim. Später zog sie nach Wuppertal und arbeitete in verschiedenen Automobil-Zulieferbetrieben. Dort lebt die umtriebige Rentnerin noch heute, fotografiert, reist und schreibt Gedichte.
Georg Smirnov
Georg Smirnov wurde 1981 als Sohn einer russlanddeutschen Mutter und eines russischen Vaters in Zentralrussland geboren. Im Alter von vier Jahren zog er mit seinen Eltern nach Kirgistan. 1990 kam die Familie nach Deutschland. Nach dem Abitur absolvierte er eine Berufsausbildung bei der Deutschen Welle und studierte anschließend in Bonn und Berlin. Er arbeitet als Dokumentar mit dem Schwerpunkt NS-Geschichte in Köln und veröffentlicht Lyrik zu Themen wie Migration und transgenerationale Traumata.
Esther Dischereit
Esther Dischereit, 1952 in Heppenheim geboren, ist eine deutsch-jüdische Schriftstellerin, die Prosa, Lyrik, Essays sowie Theater- und Hörstücke veröffentlicht. Sie lebt in Berlin. In ihren Werken beschäftigt sie sich immer wieder mit Themen der Erinnerungskultur, Bürger*innenrechten und Antirassismus. Für unsere Sammlung hat sie diverse Objekte aus den zivilgesellschaftlichen Tribunalen zum NSU-Komplex übergeben, wie auch Objekte, die im Zusammenhang des rechtsextremistischen Anschlags von Halle auf die Synagoge, den Kiez-Imbiss und weitere stehen.
(Post)migrantische Geschichten
Ein kleiner Einblick in die Sammlung
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Auf seiner Flucht legte der Besitzer dieses Erinnerungsstücks den Abschnitt von der Türkei nach Griechenland auf einem Boot zurück. Zum Schutz gegen das Wasser und die Kälte banden sich die Flüchtenden die Hosenbeine fest. -
Um ihr Einkommen zu verbessern und die Familien in Vietnam unterstützen zu könnten, nähten viele vietnamesische "Vertragsarbeiter" in ihrer Freizeit Kleidung, vor allem Jeanshosen, für die DDR-Bürger*innen. -
Der Italiener Lorenzo Annese war der erste "Gastarbeiter", der in Deutschland zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt wurde. Dieser Arbeitskittel dokumentiert seine Zeit bei VW. -
Mit diesem Koffer verließ eine Studentin 1979 nach einem Militärputsch Ghana. Sie ging nach Freiburg, um zu studieren. Auf ihren späteren Reisen nach Ghana benutzte sie den Koffer immer wieder.